Muenchen
Da haben diese vier Männer den ganzen Tag geschuftet, um neun, als ich ins Büro kam, war ca. 1/5 des Flachdaches von den Schneemassen befreit. Bis halb 5 hatten sie so 3/4 geschafft und haben Feierabend gemacht. Und jetzt schneit es schon wieder. Sieht aus, als könnten sie morgen wieder von vorne anfangen. Falls sie noch laufen können vor Muskelkater. Aber besser heute einen halben Meter hohen Schnee wegräumen und morgen noch mal, als heute einen Meter, oder? Oder als morgen vor der eingestürzten Halle zu stehen. Denke ich mir so, wenn ich aus meinem Fenster gucke und auch mal Feierabend mache, bevor ich hier einschneie... Wenn ich denn an den zwei Meter hohen Schneebergen vorbeikomme, die jetzt überall da liegen, wo sie den Schnee vom Dach geschmissen haben.
Juchhuu, es schneit.
Ich glaub ich spinne. Ich halt es nicht mehr aus. Ich werde Schneeblind. Meine Füße schwitzen den ganzen Tag in dicken Schneetauglichen Stiefeln. Gerade bin ich Knietief im Schnee stecken geblieben auf dem Weg zur Mensa.
Diese uendliche lange Reise von München nach Berlin hinter mich gebracht, merke ich, dass sich was verändert, wovon ich nie gedacht hätte, dass es das einmal geben wird:
Ich schimpfe, wie immer, auf den Münchner Flughafen, der ja sozusagen in Nürnberg liegt. Neu ist, ich schimpfe auch auf den Berliner Flughafen. Was daran liegen dürfte, dass sie keinen Bus zum Flugzeug schicken und ich 10 Minuten im Flugzeug stehe um da raus zu kommen. Nach einem Flug mit einstündiger VErspätung wächst die Aggressionsbereitschaft.
Was dann kommt überrascht mich noch mehr: Ich wundere mich über die ganzen "kapuuten Menschen" in der S-Bahn, die unebenen Bürgersteige (ja, ich reise mit Trolleykoffer...), die Hundekacke, auf die ich fast vergessen hatte zu achten, und die ich meinen Koffer ja nicht ziehen will. Ach ja, und die BVG Tickets, die jetzt 2,60 Kosten. Ok, alles nicht vergleichbar mit 8 Euro Anfahrt in München, meinem täglichen Frust dort, weil ich keine coolen Menschen sehe, sondern nur Frauen, die Stiefel über der Jeans tragen, mit der Aufregung, dass der Asia Imbiss um die Ecke schon um halb sieben abends kein warmes Essen mehr verkauft. All das ist natürlich noch viel nerviger. Trotzdem, irgendwie ist es anders geworden nach Berlin zu kommen. Nach so kurzer Zeit schon. Und ich weiß noch nicht so genau, wie ich das finden soll.
(Spricht ja eigentlich dafür, dass ich mich endlich an München gewöhne, aber muss ich mich dafür von Berlin entwöhnen, oder nur oft genug herkommen?)
Zum ersten Mal mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. In den 20 Minuten komme ich vorbei (in dieser Reihenfolge) an:
Augustiner Brauerei, Spaten Brauerei, Zirkus Krone, Löwenbräu.
Der Geruch erinnert mich an Bremen. Als ich dort noch wohnte, hatte ich aus dem Fenster einen Blick auf die Becksbrauerei und dieser Gestank, der beim Bierbrauen entsteht, könnte einem echt die Lust auf's Bier nehmen...
Und jetzt fällt mir auch wieder ein, dass ich, als ich die Wohnung hier gesucht habe, eine zur Auswahl hatte, die sich sozusagen im Hinterhof von Paulaner befand. Wäre nicht die laute Straße der Grund gewesen, hätte man vermutlich wegen des Gestanks die Fenster nicht aufmachen können.
...kurz vor zehn, ich zu Hause. Mit Bier und wein und Zigaretten. Klingt nach Party, ist aber nicht so. Weil: Ich alleine mit Wein und Bier und Zigaretten. Keine Angst: ich werde keine Alkoholikerin, hatte nur gerade Lust dazu. Mal was voll krass neues ausprobieren: Alleine sein den ganzen tag und abends denken, so! Jetzt mach ich mir erst mal ein Bier auf. Und dann einen Wein. Und weils so schön ist, rauch ich auch mal die Zigaretten, die ich neulich gekauft habe. Dazu sind sie doch da. und ich such schon mal raus, was das nächste wochenende besser macht. vorausgesetzt, die Woche wird nicht wieder so mega-anstrengend, dass ich das ganze wochenende nicht von meinem sofa weichen will. Und finde: orangehouse. klingt gar nicht so schlecht, was da scheinbar an musik läuft. Samstag: Clubrocken. Gitarrenrock, gemischt mit Pop, und am dienstag kommt jens friebe, da will ich hin! und es ist auch bei mir über die straße, guck an, das Westend hat doch was zu bieten. Aber dann das:
Da sich Orangehouse vorwiegend an Kinder und Jugendliche wendet, sind die Preise in unserer Gastro entsprechend günstig: Beck's 0,3: 2,90 Euro, Caipirinha: 6 Euro.
Na bitte, wer sagts denn! Billigste Preise. Ich mein, 2,90 für ein Bier. Ist ja fast geschenkt. Das ist doch mein Laden. Umgeben von Kindern und Jugendlichen genieße ich Caipi für 6 Euro, weil ich ihn mir woanders nicht leisten kann.
Oder soll das heißen, wir richten uns an Kinder und Jugendliche und verkaufen Bier deshalb zu Preisen, die sie sich nicht leisten können, um sie nicht un Versuchung zu führen? DAS wär doch mal ne Maßnahme!
Ich erstelle jetzt eine Liste von Dingen, die an München positiv sind: Nr. 2 (1 war die Süddeutsche, siehe unten) Ich habe noch keine Hundekacke auf der Straße gesehen.
Das ist - objektiv gesehen - sicher sehr positiv. Aber gehört es nicht in Berlin zum Spiel, sich ständig über Hundekacke aufzuregen, gleichzeitig aber immer ein bisschen zu grinsen und sich super-tolerant zu fühlen, weil man in einer stadt wohnt, in der überall hundekacke rumliegt. Man fühlt sich als echter berliner, wenn man weiß, wie man durch die stadt läuft, ohne reinzutreten - nämlich in dem man alle drei schritte mal einen blick auf die nächsten drei meter bürgersteig wirft - und deshalb ist auf der skala der wichtigkeit meiner positv-liste das hundekackeargument nicht so weit oben.
Es läuft sich allerdings entspannter und ich merke, wie ich manchmal, wenn ich 10 schritte gemacht habe, ohne auf den bürgersteig zu achten, denke, JETZT bist du bestimmt gleich in hundekacke getreten. aber nö, nüscht, keene kacke, wa!
ich sag auch mal was positives über München: Man kann die Süddeutsche vom Montag schon Sonntag um 19 Uhr in allen möglichen U-Bahnhöfen kaufen!
Während die Handwerker in der Küche endlich meine letzte Woche kaputt gegangene Heizung reparieren, kann ich nicht zur Arbeit. Sitze also hier rum und tu beschäftigt, damit sie nicht auf die Idee kommen mit mir zu reden. Das Problem bei bayerischen Handwerkern ist ja, dass ich sie nicht verstehe. Und dann immer tausendmal nachfragen muss und das für alle Beteiligten peinlich ist.
Also sitze ich hier und schreibe und höre Element of Crime, damit sie denken, ich habe einen Knall und bin depressiv. Und dann werde ich es. Element-of-Crime-Stimmung nenne ich das seit Jahren. Wenn eigentlich alles ok ist, und auf einmal fällt der Hammer und ich bin melancholisch. Das ist eine Mischung aus traurig und sehnsüchtig und voller Heimweh ohne dass man weiß wohin es einen zieht.
Obwohl - gerade ist alles ganz logisch. Ich weiß nicht, wohin mit mir am Wochenende. Ich freu mich auf nicht arbeiten, habe aber auch sonst nichts vor, außer hier aufzuräumen und ein paar Schönheitsoperationen an meiner Wohnung vorzunehmen, damit sie dann auch irgendwann mal fertig ist.
--oane Froagen --- sagt der Mann, ich drehe mich um und sehe, die haben die ganze Therme auseinander genommen.
Irgendwann wollte ich heute schon noch arbeiten. Und auf's Klo müsste ich auch mal...
In Neukölln stecken sich die türkischen Jungs ja gerne mal die Hose in die Socken. Eine Mode, die aus mir unverständlichen Gründen in Berlin um sich greift, München aber zum Glück noch nicht erreicht zu haben scheint.
Dafür tragen hier die türkischen Jungs fette Klunker-Ohrringe. So 5 mal 5 Milimeter große Brilli-Verschnitte. Was soll das? fühlen sie sich dann Metrosexuell? Mit ihren blondierten Stränchen und Solariumbraun???
Online nun auch zu Hause und einen Telefonanschluss. Puh, das hat gedauert.
Wird nur übertroffen von dem Versuch meine Küche gebrauchsfertig zu kriegen. Seit einer Woche arbeite ich an der Spüle.
Und heute will ich einen Herd kaufen. Ich muss mal rausfinden, wo das hier geht.